Pressebericht

 Der Schmied war ein armer Hund
Wellesweiler Grundschüler haben
historische Orte abgelaufen und dabei viel gelernt

Schätze in Wellesweiler? Kinder kann man ja viel erzählen. Und genau das tat Hans Günther Sachs am Freitagnachmittag bei der historischen Schatzsuche durch den Ort und den angrenzenden Wald. Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass der Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur, dessen Vorsitzender Sachs ist, mit der Grundschule kooperiert. „Zuletzt gab es im Februar eine Asterix und Obelix-Führung durch den Kasbruch“, erzählt Schulleiterin Petra Peifer. „Damals kam die Idee zu der Schatzsuche auf“ – und zwar von den Kindern selbst: „Sie meinten, das wäre wie ein Schatz“ – die alten Relikte und die Fakten dazu.

Nur einen Katzensprung vom Start an der Schule entfernt, wo die zehn Mädchen und Jungen mit Begeisterung („cool“ und „geil“ fielen mehrfach) eine Schatzkarte entgegengenommen haben, wird die kleine Gruppe auch schon das erste Mal fündig: am imposanten Wohngebäude in der Pestalozzistraße. „Da war mal die Grundschule drin“, weiß eine Mutter. Genau genommen sei es die vierte Schule gewesen, die, 1927, in Wellesweiler gebaut worden war, ergänzt Sachs. Bei den Bauarbeiten seien Reste von Pferdeställen gefunden wurden. „Hier gab es früher nämlich eine Pferdezucht.“ Weiter geht's, entlang der einstigen Hauptstraße – der Neunkircher Chaussee nach Oberbexbach, „das war die wichtigste Verbindung, nicht die nach Bexbach“ – zur Schmiede. Dort darf Luca den überdimensionalen, von 1880 stammenden Blasebalg, der an der Decke hängt, bedienen. „Der alte Schmied Hößler war ein armer Hund“, meint Sachs. „Damals hatten die Bergleute ihr eigenes Werkzeug, das sie beim Schmied anfertigen ließen.“ Doch im Zuge der Industrialisierung produzierten Fabriken billiger, Hößler wurde arbeitslos. „Was ist das für ein Helm“, fragt Saskia, auf eine eiserne Wikingerkopfbedeckung deutend. Nein, mit Wikingern kann die örtliche Geschichte dann doch nicht aufwarten. Vielmehr sind einige Mitglieder des Vereins, allen voran Schmied Peter Sommerhalter, begeisterte Rollen-Spieler. Wieder draußen in der Hitze, erklimmt die kleine Gruppe den Anstieg zur Fußgängerbrücke über die Bahnstrecke. Einst erreichten die Bauern hier über ein imposantes Brücken-bauwerk aus steinernen Bögen ihre Felder und Flure, woher der Name Flurbrücke stammt. Noch origineller ist der Ursprung der „Meßstraße“. Der liegt im Fränkischen und bezeichnet „gutes Weizenland“, so Sachs. Tatsächlich habe es hier das beste Ackerland von Wellesweiler gegeben. Unten an den Gleisen, wo die orangenen Säulen grüßen, konnten im großen Fachwerkbahn- hof einst 300 Reisende auf den Zug warten. Auch die Geschichte der drei katholischen Kirchen Wellesweilers, die sich auf dem Hügel nacheinander abgewechselt haben, kommt zur Sprache, anschaulich verdeutlicht mit Fotos der nicht mehr existierenden Bauwerke. „Daran sieht man, wie sich in einem relativ kurzen Zeitraum von 80 bis 100 Jahren Grundlegendes verändern kann“, betont der kundige Führer.

Eine kleine Gruppe von Schülern der Grundschule Wellesweiler und ihre Eltern
erkundeten am Freitag gemeinsam historische Stellen in Wellesweiler.
Vom Haus Hoppstätter (im Bild) ging es weiter in Richtung Maikesselkopf.

Für Sascha Mathern, der mit seiner Tochter teilnimmt, ist das als gebürtigem Neunkircher alles neu. „Ich hab da gar keinen Bezug zu“, um so besser, dass die Schule so etwas anbiete. „Schaden kann das nichts“. Findet auch Claudia Thommes, die ohnehin ein Fan regionaler Geschichte ist. „Mir ist es wichtig, dass die Kinder ein Gefühl und einen Blick dafür bekommen, wie sich das Dorf im Lauf der Zeit wandelt.“ Der Höhepunkt der Schatzsuche ist dann schließlich einer, der den Grundschülern und der dreijähren Anja als jüngster Teilnehmerin ein ganz besonderes Maß an Vorstellungskraft und Phantasie ab- verlangt. Präsentiert ihnen Günther Sachs doch die sagenumwobene Fliehburg – also etwas, das man nicht wirklich sehen kann. Mit Pfeil und Bogen bewaffnet, erstürmen die Schatzsucher mit Feuereifer den bewaldeten Hügel und freuen sich schließlich am Ende der doch ziemlich anstrengenden Tour nach all den immateriellen Schätzen über etwas Handfestes: eine Urkunde und einen Goldschatz in Form einer Tüte honiggelber Gummibärchen.

Quelle: Saarbrücker Zeitung, Ausgabe: 25.06.2016